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Warum ist Horst Heldt noch da?

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Wie oft kann man es als Journalist über sich bringen, denselben Unsinn zu wiederholen? Wie oft konnte einer allen Ernstes schreiben, nach einer Niederlage oder auch nur einem mäßigen Remis von Schalke 04, nun werde sicher eine Trainerdiskussion beginnen? Wie oft konnte das jemand im Fernsehen sagen oder in seine Tastatur hämmern, ohne sich vor sich selbst zu schämen, dass er fleißig an einer Self-fulfilling-prophecy mitwirkte?

Sehr, sehr, sehr, sehr oft, viel zu oft, konnte man das gefahrlos und straflos schreiben und daherfaseln  – und zum Glück ist es jetzt vorbei mit dieser atemberaubenden, den Verstand beleidigenden Einfallslosigkeit. Zum Schaden allerdings nicht derjenigen, die das wie die telefonische Zeitansage wiederholt haben, sondern zum Schaden von Jens Keller, der sicher nicht wieder die B-Junioren von Schalke 04 wird trainieren wollen, nachdem man ihn auf diese so widerliche wie handelsübliche Weise erst entlassen hat, nachdem sein Nachfolger schon zugesagt hatte. Sonntagmittag flog Manager Horst Heldt zu Roberto Di Matteo nach London, am Montagabend suchte er Jens Keller auf.

Keller hat, dafür muss man nicht jedes Spiel analysiert haben, sich häufiger vercoacht, er hat oft zu spät reagiert oder gar keine Antwort auf drängende Fragen gegeben, die sich vor seinen Augen aus dem Spiel ergaben. Einen Stil oder eine spezifische Handschrift hat die Mannschaft nicht erkennen lassen. Keller hat allerdings zugleich Erfolge erzielt und zwischenzeitlich Konstanz hergestellt, die auf Schalke nicht selbstverständlich sind. Mit einer Amtszeit von 22 Monaten gehört er in Gelsenkirchen schon zu den Trainern, die in den letzten 25 Jahren am längsten arbeiten durften.

Und er hat in dieser zeit auch mit einem Kader arbeiten müssen, den Horst Heldt im Wesentlichen zusammengestellt hat. Der Mangel an Konstanz, den Heldt bemängelt, ist auch eine Selbstanzeige. Immer bemüht, es dem Fleischmogul Clemens Tönnies Recht zu machen, immer bemüht, die eigene Leistung in günstigem Licht erscheinen zu lassen und nicht so sehr die spielerische Leistung des Teams, hat Heldt im Laufe seiner Amtszeit, ähnlich wie Fredi Bobic in Stuttgaer, häufiger daneben und seltener richtig gelegen.

Aber um gemeinsam mit einem Trainer eine Mannschaft zusammenzustellen, deren Spieler zueinander passen, die sich auch für ein bestimmtes Konzept, für einen klugen Plan, wie Fußball zu spielen wäre, eignen, dafür hat es bei Heldt so wenig gereicht wie bei Bobic. Wobei Heldt vermutlich in seiner Beflissenheit gegenüber dem Fleischmann aus Rheda-Wiedenbrück, dessen Physionomie immer stärker an den jungen Helmut Kohl erinnert, noch unzuständiger ist für diese Aufgabe als es der störrische Bobic war.

Deshalb war es vielleicht nicht grundsätzlich falsch, sich von Jens Keller zu trennen; allein der Zeitpunkt war äußerst ungeschickt. Aber sicher wird es sich als Fehler erweisen, nicht auch Horst Heldt in die Wüste geschickt zu haben. Wer hat denn Obasi gekauft, Marica, Hildebrand oder Barnetta –  und es nicht geschafft, einen Spieler wie etwa Fuchs zu verkaufen? Wer hat Clemens geholt und Szalai mit Verlust wieder abgestoßen? Wer hat Holtby unter Wert nach London ziehen lassen – damit er jetzt den HSV verstärkt? Wie gut war Heldt über den Gesundheitszustand von Kevin-Prince Boateng im Bilde, der ein wunderbarer Spieler sein kann, der aber auch, wenn man ihn im Stadion erlebt, nach 60-70 Minuten physisch am Ende ist?

Was immer sich nun mit Roberto Di Matteo, dem Mann, der bislang nirgends länger als ein Jahr bleiben konnte, ergeben wird, wo immer Schalke in dieser Saison noch landen kann – der nächste Schritt, der dort fällig werden müsste, ist die Trennung von einem überforderten Sportdirektor, wie der VfB Stuttgart sie vorgeführt hat. Damit wird nicht ein Trainer von der Verantwortugn entlastet. Es  werden nur Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten so gewichtet wie in anderen Unternehmen auch.

von pkoerte erschienen in Eins gegen Eins ein Blog von FAZ.NET.


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